// Die AH der AH: Die TSV-„Uhus“
02 Jun
UHU
Die AH der AH: Die TSV-„Uhus“
Sie kennen sich schon seit der A-Jugend und trainieren, von 64 bis 87 Jahre alt, immer noch wöchentlich / Viel mehr als nur Fußball gemeinsam
Quelle: Speiser, Uwe: Die AH der AH: Die TSV-"Uhus", in: Winnender Zeitung, 25.05.2024, S. B3.
Foto: Kim Wolf (kimxwlf_photography)
Sie sind weit mehr als ein Rentner-Stammtisch oder Senioren-Treff: die „Uhus“ des TSV Leutenbach. Der Namen steht für „unter hundert“, Jahre wohlgemerkt. Das schaffen sie noch locker, alle. Wobei, sie haben drei mit 87 dabei, einer davon ist Gründungsmitglied der Fußballabteilung. Nicht ganz ernst gemeinte Frage: Was machen sie in 13 Jahren? Namensänderung oder Ausschluss des Trios?
Je mehr es auf den Matchball zugeht, umso verbissener wird es
Die Oldies der Fußballer – die AH der AH – treffen sich nach wie vor mittwochs, aber nicht bloß zum Weizen oder Viertele, das gibt es erst hinterher, wenn sie sich das verdient haben, nach dem Schweiß, der beim Training geflossen ist. Sie spielen Fußball-Tennis, und da geht es dies- und jenseits des Netzes immer noch ziemlich ehrgeizig zu – und je näher es auf den Matchball zuläuft sogar verbissen. Es gibt auch mal einen „Anpfiff“ aus der eigenen Mannschaft, wenn einer den Ball „verdaddelt“. Wenn man bedenkt, dass diese Ballartisten in den 60ern, 70ern und gar 80ern sind, muss man staunen über die Fitness, Beweglichkeit und die immer noch solide Technik. Aber gelernt ist nun mal gelernt. Natürlich „zwickt’s“ beim einen oder andern, lassen Knie oder Hüfte nicht mehr alles zu, aber das machen sie mit Stellungsspiel und Routine gekonnt wett. Einige haben sogar vom durchaus fordernden Training und der Aufwärmgymnastik vorher nicht genug, kommen und gehen mit dem Rad. Natürlich dürfen gegenseitige Frotzeleien nicht fehlen und angesichts immer wiederkehrender „Meinungsverschiedenheiten“ über den aktuellen Spielstand wären ein Schiri oder eine Anzeigentafel ratsam. Aber letztlich einigt man sich immer, über sich selbst lachend, den Kopf schüttelnd. Selbst beim entscheidenden Punkt wird die Frage, war der „Schütze“ beim Kopfball schon überm Netz oder noch davor, schiedlich-friedlich geklärt und den Gewinnern, wenn auch zähneknirschend, fair gratuliert. Alles andere wäre ja noch mal schöner, bei all dem, was sie über all die vielen Jahre gemeinsam erlebt haben und nach wie vor erleben. Das Jahr beginnt bei ihnen mit der Tradition, den Vorabend von Dreikönig im Besen zu verbringen, der möglichst zu Fuß erreichbar sein soll, wobei es eher auf den Heimweg ankommt. Jahresversammlung, Weihnachtsfeier (mit Weihnachtsgeschichte, Weihnachtsliedern und Quiz zu fortgeschrittener Stunde) folgen. Der Zusammenhalt, ja die Kameradschaft, reiche bis ins Private, so Dieter Meinkuss vom dreiköpfigen „Leitungsgremium“.
Einer von ihnen hat einen bekannten Namen
Sie kennen sich alle schon seit (mindestens) der A-Jugend, spielten in der ersten oder zweiten Mannschaft des TSV, bis zum Ende der Aktivenzeit gegen Ende der 60er Jahre. Darunter ist ein bekannter Name: Herbert Hinkel, Vater des ehemaligen VfB-Profis und Nationalspielers, derzeit Co-Trainer der belgischen Nationalmannschaft. Im Gegensatz zum Sprössling war er allerdings Stürmer und laut verlässlichen Quellen, er selbst behauptet das von sich nicht, immer noch Rekordtorschütze des Vereins. Dann die Periode der „jungen“ AH, mit Einsatz auch abseits des Spielfelds, beim Abriss der „alten Baracke“, so Meinkuss,und dem Bau des neuen Vereinsheims. Manhabe sich zu einer eingeschworenen Truppe entwickelt, der Freundschaft mit allem Drum und Dran genauso wichtig sei. „Elf Freunde müsst ihr sein“ bedeutet auch gegenseitige Hilfsbereitschaft untereinander. Sie waren und sind auch bei den Veranstaltungen des Vereins verlässlich unterstützend zur Stelle.
Im Team auch zwei Chefköche der gehobenen Gastronomie
Seit 1993 nennen sie sich die „Uhus“ des TSV. Auf der sportlichen Seite steht in der Frühzeit unter anderem die Teilnahme an einem international besetzten Turnier in Genf mit namhaften Gegnern wie Como, Lyon, St. Etienne. Es kamen Zeiten, da war anderes wichtiger (ihre späteren Frauen kennenlernen, Familien gründen, im Beruf seinen Mann stehen), aber der „harte Kern“ blieb zusammen, darunter zwei Chefköche aus der gehobenen Gastronomie; Feste, Geburtstage, Gartenfest liefen unter ihrer Regie. Die AH-Party war legendär, der erste Silvesterball in der neuen Rems-Murr-Halle, der erste Tennis-Ball, die Weihnachtsfeier der Paulinenpflege, das Landmannschaftstreffen der ehemaligen Rudolfsgnader, die Teilnahme an der Hocketse, die Unterstützung beim Pfingstturnier der Jugend. Es gab jährliche (Männer-)Ausflüge im Frühsommer, an Rhein und Mosel, Besuche bei den Weinfesten in Schlingen im Markgräfler Land und in Sasbachwalden im Schwarzwald, den Gourmet-Ausflug nach Turckheim im Elsass, Erlebnisse auf Berghütten im Allgäu, in der bayrischen Landeshauptstadt, beginnend auf dem Viktualienmarkt, gefolgt von Biergärten und noch längst nicht endend in der Allianz-Arena, nicht ganz so lustig die Besichtigung der damaligen Grenze zur einstigen DDR in Philippsthal, mit dem Abstecher zum Heimatort des Mittelstürmers, dem hessischen Schenklengsfeld, alles gefolgt von gegenseitigen Besuchen und langjährigen Freundschaften. Nochweiter nördlich, sie hatten ja einen Schweden in der Mannschaft: nach Wilhelmshaven mit einem Spiel gegen ehemalige Marinesoldaten (das torlos endete), Hamburg, von dort mit der Fähre Finnjet nach Helsinki und einem Abstecher nach St. Pauli auf der Rückfahrt.
Spiel gegen Pan Am in den USA und Reitwagnisse in der Puszta
Höhepunkt war die USA-Reise im Mai 1979, nachdem 1975 ein ehemaliger Leutenbacher Fußballer seiner mexikanischen Frau seine alte Heimat gezeigt hatte. Es kam zu einem Rückspiel gegen ein Team der Fluggesellschaft Pan Am, in New York blies die Cleveland- Marschkapelle zur Begrüßung, sie kickten gegen den AC Schwaben, am Muttertag, der zünftig gefeiert wurde. Sie waren unter anderem in Wien, Salzburg, Budapest, Zürich, Basel, Innsbruck, im Schwarzwald von Besenfeld bis runter nach Freiburg, mit und ohne die „Uhulinen“. Noch ein Höhepunkt war der Trip nach Budapest, mit Ausflug in die Puszta, nach Kecskemét und Besuch eines Gestüts, wo sich einige von ihnen, wenn auch wenige, auf eines der Rassepferde trauten und wo alle die legendäre ungarische Gastfreundschaft genossen. Sie waren aber auch im Schwabenland viel unterwegs, auf „Bildungsreise“ oder „Fortbildung“, wie man will: besichtigten Firmen wie Stihl in Waiblingen-Neustadt, die Mercedes-Motorenwerke in Untertürkheim, das dortige Museum, Audi in Neckarsulm, die EVS in Marbach, das AMG-Museum in Burgstall, die WZG in Möglingen, das Brezel-Museum in Erdmannhausen, waren bei Theateraufführungen in Stuttgart und Umgebung (Schauspielhaus, Komödie im Marquardt, auf dem Theater-Schiff, Staatstheater, Rosenau), beim James-Last-Konzert in der Schleyerhalle und live im Studio bei „Sport im Dritten“.
Quelle: Speiser, Uwe: Die AH der AH: Die TSV-"Uhus", in: Winnender Zeitung, 25.05.2024, S. B3.
Foto: Kim Wolf (kimxwlf_photography)